Donnerstag, 6. März 2014

Matthäus 24:34 - "Diese Generation" - wer ist gemeint?

In diesem Artikel sollen kurz und prägnant drei mögliche Interpretation von Mt. 24:34 dargestellt werden.

Bei Jehovas Zeugen herrscht eine lange Geschichte vor, als was die von Jesus erwähnte "Generation" aus Matthäus 24:34 angesehen wird. Die letzten drei Interpretation waren:

  • die Generation von 1914 bestehend aus schlechten Menschen
  • gesalbte Zeugen Jehovas der Generation von 1914
  • heutige Interpretation: Gesalbten Zeugen Jehovas, die 1914 bewusst erlebten und diejenigen, die mit ihnen eng zusammenarbeiteten, obwohl sie deutlich jünger sind und 1914 nicht bewusst miterlebten
Die ersten beiden Interpretationen eröffneten bereits ein Zeitfenster. Bei ersterer konnte theoretisch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 70-90 Jahren angewendet werden, was dementsprechend zu einer Gewissheit in den Reihen der ZJ führte, dass das Ende unmittelbar bevorsteht.
Die zweite Interpretation erweiterte das Zeitfenster nochmals, da es quasi genügte, wenn einige wenige deutlich ältere gesalbte Zeugen Jehovas bis zum Ende überlebten, aber realistischerweise ist man auch hier ab dem Jahr 2000 aufwärts bei seinen Grenzen, besonders da sich Jesus nicht auf diejenigen zu beziehen scheint, die 1914 erst geboren wurden, sondern eben die, die es auch bewusst erlebten und dadurch spätestens ab dem Jahr 2000 nahezu alle schon gestorben waren.

Eine Art logische Konsequenz war also der Verständniswechsel auf drittgenannte Interpretation. Auch wenn wir nirgendwo eine Stütze für diese sehr außergewöhnliche Definition des Wortes "Generation" finden - außer in einem Hinweis auf die Generation Josefs im Alten Testament - erscheint dem normalen ZJ diese Interpretation als vollkommen logisch und letztlich von Gott kommend.

Werfen wir nun einen Blick darauf, wie man "diese Generation" noch verstehen könnte. Hierbei wollen wir uns auf zwei Interpretationen beschränken:

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Interpretation 1: "Diese Generation" bezieht sich auf das Judentum als solches
Interpretation 2: "Diese Generation" bezieht sich auf die wahren Nachfolger Jesu über die Jahrhunderte hindurch


Interpretation 1: "Diese Generation" bezieht sich auf das Judentum als solches

Herleitung:
  • Jesus bezieht den als "Generation" verwendeten Begriff an über 20 Stellen eindeutig auf das jüdische Volk.*
  • In den Augen seiner Jünger sprach Jesus in Matthäus 24 schlicht und ergreifend über die Zerstörung Jerusalems.
  • Das Wort Generation kann auch mit Art und Rasse wiedergegeben werden und somit auf das jüdische Volk im Allgemeinen bezogen werden.
  • Es ist somit eine einfache und logische Schlussfolgerung, dass Jesus vermutlich sagen wollte, dass das jüdische Volk auch beim Abschluss des Systems der Dinge noch existiert.
  • Angesichts der extremen Feindschaft gegenüber dem Judentum und den zahlreichen Versuchen, es auszurotten, erscheint diese Interpretation fundiert zu sein.
Weitere Indizien in Offenbarung 12:

Man könnte die beschriebene Frau als Judentum ansehen und ihren Sohn als Jesus Christus, der dann zu Gott und seinem Sohn gebracht wird. Danach greift der Drache die Frau an und verfolgt sie. Das würde wiederum sehr gut auf die Verfolgung von Juden im Laufe der Jahrhunderte nach Jesus Christus passen. Die Erde kommt ihr zu Hilfe - andere Nationen nahmen die verfolgten Juden oftmals auf und so entrannen sie einem vollständigen Genozid. Danach widmet sich der Drache den "Übriggebliebenen ihres Nachkommens, die die Gebote Gottes halten und das Werk des Zeugnisgebens für Jesus innehaben". Dies würde eindeutig auf die Christen und deren Verfolgung passen.

Doch warum sollte das Judentum überhaupt von Gott noch von solchem Interesse sein, dass sich sogar mehrere Prophezeiungen darum drehen? Und warum soll der Drache es angreifen? Und warum würde Gott persönlich für Schutz des Judentums (wenn man diese Interpretation voraussetzt)?

JZ sprechen jeglichen Bezug zum Judentum ab und beziehen alles auf das "geistige Israel", also das Christentum, das sie in ihrer Organisationverkörpert sehen. Doch beachten wir folgendes: Auch wenn der Gesetzesbund durch den Tod Jesu aufgehoben wurde, ist doch der abrahamische Bund nie aufgehoben worden. Gemäß 1. Mose 17:7 ist es ein auf ewig andauernder Bund, der sich auf alle Nachkommen des Abrahams erstreckt. Römer 11:25-33 lässt sich ebenfalls auf das Judentum beziehen. Paulus schreibt, die Juden seien "Geliebte [in Gottes Augen], um deren Väter willen. Denn unwiderrufbar sind die Gaben Gottes und die Berufung" (ZB 2007).

Interpretation 2: "Diese Generation" bezieht sich auf die wahren Nachfolger Jesu über die Jahrhunderte hindurch

Herleitung:
  • Das griechische Wort für "diese" ("houtos") ist ein Demonstrativpronomen, das sich auf etwas Anwesendes vor dem Sprechenden bezieht. (Es kann sich auch z.B. auf das Thema des gerade Gesagtem beziehen.)
  • In allen Fällen, in denen Jesus von "dieser Generation" spricht*, bezieht er sich auf gerade anwesende Menschen oder eine Menschengruppe, von denen einer oder mehrere Vertreter anwesend sind (z.B. Pharisäer).
  • "Genea", das griechische Wort für "Generation", ist nicht wie im Deutschen ein Wort, das zwingend an einen vordefinierten zeitlichen Rahmen gekoppelt ist. Primär trägt es den Gedanken einer Nachkommenschaft in sich.
  • Die wahren Nachfolger Jesu sind gemäß dem Neuen Testament eine eigene Nation, die geboren wurde, daher würde der Begriff Genea ("Generation") bestens darauf anwendbar sein (vgl. ferner Ps. 102:18).
  • "Diese Generation" sieht nach Jesu Worten sowohl die Ereignisse im ersten Jahrhundert als auch alle anderen prophezeiten Elemente. "Diese Generation" würde nicht vergehen bis ALLE erwähnten Dinge geschehen wären.
  • Daher ist die daraus resultierende Interpretation, dass sich "diese Generation" auf die wahren Nachfolger Jesu bezieht, mit Geist getauft und durch Gottes Geist wiedergeboren. Jesu Worte stellen eine Zusicherung dar, dass seine Nachfolger weiterbestehen und all dies erleben werden. Dies ist in Harmonie mit Offenbarung 6:10, 11 und Matthäus 28:20, die die Zusicherung Gottes und Jesu enthalten, dass die Nachfolger Jesu dauerhaft präsent sein würden.
Weitere Indizien:
  • Da sich in den ca. 30 Jahren zwischen Jesu Prophezeiung und der Zerstörung Jerusalems nachweislich die Pax Romane, eine Friedensperiode, etablierte, ergibt eine doppelte Erfüllung wenig Sinn, da Kriege und Seuchen zu erwarten gewesen wären. Ebenso haben sich offensichtlich die Zeichen an Sonne, Mond und Sterne, das Zeichen des Menschensohnes im Himmel und das wehklagende Selbstschlagen aller Stämme der Erde nicht erfüllt.
  • Apostelgeschichte 1:7 macht es offensichtlich unmöglich, ein Ablaufdatum, wie bei oben erwähnten Interpretation der ZJ ins Spiel zu bringen.
  • Nach der Zerstörung Jerusalems hätten Nachfolger Jesu erkennen können, dass sich Matthäus 24:34 auf andere bzw. weitere Ereignisse bezieht, als sie sie erlebten.
  • Ein Bezug auf eine Gruppe von Menschen, die erst 2000 Jahre später auftritt erscheint im Kontext und Wortgebrauch nahezu unmöglich, ebenso der Gebrauch des Wortes "houtos" ("diese") statt einem griechischem Äquivalent zu "jene", um diese zeitliche Distanz anzudeuten.

Auch wenn für mich persönlich Interpretation 1 irgendwie angenehmer klingt, halte ich Interpretation 2 aus diversen Gründen für biblisch fundierter. Mein Unbehagen liegt vermutlich daran, dass ich als Zeuge Jehovas jahrelang völlig übertriebenen und exzessiven Fokus auf das "Ende dieses Systems" (ZJ-Sprache für "Ende der Welt") gelegt habe und geglaubt habe, Jehovas Zeugen wären wirklich die einzige im Kern christliche Religion, dass es mir nun widerstrebt, eine in eine ähnliche Richtung gehende Interpretation zu akzeptieren. Doch wir müssen der Wahrheit und dem Geist folgen, auch wenn es in eine bestimmte Richtung gehen mag, die einem nicht so ganz behagt. Auf der anderen Seite haben wir biblisch gesehen die belebende Perspektive, dass der Gerichtstag Gottes nicht mit Milliarden Menschenopfern verbunden ist. Ein Bibelkommentator, den ich sehr schätze, vergleicht die Vorstellung, dass Milliarden Menschen getötet werden damit, ein 1,5-jähriges Kind dafür zu bestrafen, dass es nicht aufrecht am Stuhl sitzt. Wie es uns der Herr Jesus zeigt ist es doch vielmehr so, dass wir Mitleid und Mitgefühl mit den Menschen im Allgemeinen haben sollten. Ein schlechtes Elternhaus und eine komische Jugend und schon gerät so mancher lebenslang auf Abwege, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein. Interessant ist hier wiederum, dass das Mitleid Jesu mit den "Schafen, die keinen Hirten haben" sehr ähnlich wie Jehovas Mitleid mit den Niniviten ist, "die nicht den Unterschied zwischen ihrer Linken und ihrer Rechten" kannten. Jesus spricht mehrmals vom Zeichen Jonas. Ein Hinweis auf die Art des Gerichts Gottes, das durchaus anders sein könnte, als JZ es sich seit 150 Jahren ausmalen und herbeisehnen?

Fußnoten

* u.a. Mt. 11:16; 12:41, 42: 23:36; 24:34; Mk 8:12; 13:30; Lk 7:31; 11:29, 30, 31, 32, 50, 51; 17:5; 21:32

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